Ostseefeuer by Eva Almstädt

Ostseefeuer by Eva Almstädt

Autor:Eva Almstädt [Almstädt, Eva]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-0646-0
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-09-18T00:00:00+00:00


20. Kapitel

»Da wären wir also wieder«, sagte Broders, während Pia und er die Mönkenbeker Dorfstraße hinunterfuhren. »Im Vorhof der Hölle.«

»Eher auf dem Flughafen in Langoliers.«

»Wie bitte?«

»Eine Geschichte von Stephen King«, sagte Pia. »Ein einsamer Ort in der Vergangenheit, kurz bevor die Langoliers ihn fressen.«

Obwohl es ein ganz normaler Donnerstagmorgen war, sah das Dorf verlassen aus. Die Bürgersteige waren sauber gefegt und menschenleer. Hinter der Schaufensterscheibe der Schlachterei Pagel brannte kein Licht. Auch die Jalousien einiger Wohnhäuser waren heruntergelassen. Als sie endlich eine Frau erblickten, die mit einem Eimer in der Hand vor ihrem Haus stand, drehte diese sich auf dem Absatz um, eilte hinein und knallte die Tür hinter sich zu. Vor der Bäckerei lag ein Hund, den jemand am Fahrradständer angebunden hatte, und schaute ihnen teilnahmslos hinterher.

»Kommt es mir nur so vor, oder sind wir hier gerade nicht willkommen?«, fragte Pia.

»Das meinst du nur. Ist das schlechte Gewissen.« Broders strich sich durch sein neu gestyltes Haar, das ihm danach wild vom Kopf abstand. »Bisher haben wir uns nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wir haben immer noch keine Ahnung, wer den besten aller Pastoren ins Jenseits befördert hat.«

Bei der gestrigen Einsatzbesprechung am späten Nachmittag war die Stimmung im Kommissariat dementsprechend gedrückt gewesen. Rist hatte alle möglichen Theorien ans Whiteboard gekritzelt, von denen aber keine den baldigen Durchbruch versprach. Sogar der Staatsanwalt Olaf Jantzen, sonst ein Muster an Contenance und gepflegter Zuversicht, hatte missmutig auf einen kurzfristigen Fahndungserfolg gedrängt. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als jeden Faden erneut aufzunehmen und jeden Einzelnen, der in diesen Fall verwickelt war, noch einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen. Jedenfalls war das bis zu dem Zeitpunkt so gewesen, als die Nachricht eingetroffen war, dass Ilona Pagel schwer verletzt aufgefunden worden war. Sie befand sich im Neustädter Krankenhaus, und ihr Gesundheitszustand wurde mit »kritisch« umschrieben. Das Unglück war nach Michelsens Trauerfeier passiert, als viele Dorfbewohner noch im Mönkenbeker Hof zusammengesessen hatten. Ein Sturz vom Heuboden der Freeses. Ob es ein Unfall oder ein Suizidversuch gewesen war – oder ob vielleicht jemand nachgeholfen hatte –, war noch ungeklärt. Die Polizeibeamten Blohm und Eilers hatten kurz nach dem Vorfall in der Scheune mit Ilona Pagels Eltern und einigen Leuten im Gasthof gesprochen, waren jedoch nur auf Ratlosigkeit und Unverständnis gestoßen.

»Ist eigentlich irgendeiner aus unserer Abteilung auf Herbert Michelsens Beerdigung gewesen?«, fragte Pia.

»Nein. Rist hat es nicht für notwendig erachtet. Außerdem waren ja die meisten von uns bei der Trauerfeier für Wilfrieds Frau.«

Pia nickte. Sie selbst hatte auch daran teilgenommen. »Meinst du, wir hätten verhindern können, dass da noch jemand aus Mönkenbek zu Schaden kommt?«

»Hättest du dich vorsichtshalber auf dem Heuboden postiert?«, spottete Broders.

»Allein die Anwesenheit eines Polizisten hätte abschreckend wirken können.«

»Du glaubst also nicht an einen Unfall?«

Pia stieß hörbar die Luft aus. Es war blödsinnig, aber sie fühlte sich für Ilona Pagel verantwortlich. Sie war diejenige, die mit ihr gesprochen hatte. Hatte sie etwas übersehen?

»Du hättest es nicht verhindern können. Mach dir bloß keine Vorwürfe, Pia!«, sagte Broders hellsichtig. »Du kannst die Welt nicht alleine retten.



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